Autismus, der medizinische Blick

Autismus-Spektrum-Störungen sind komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörungen. Die Bezeichnung dient als Oberbegriff für die gesamte Bandbreite autistischer Erscheinungsformen, von der sehr schweren Ausprägung bis zu leichten Formen die in die Normalität übergehen.

 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ordnet Autismus-Spektrum-Störungen den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen zu. 

 

Allen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gemeinsam ist ein Beginn in der frühen Kindheit. Das bedeutet, dass die Entstehung von möglichen Funktionen und Störungen eng mit der biologischen Reifung des Zentralnervensystems (Gehirn) verbunden ist und zu Abweichungen in der Entwicklung führt, welche bis in das Erwachsenenalter hineinreichen.

 

Die medizinische Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung basiert auf der individuellen Entwicklungsgeschichte, auf Verhaltensbeobachtungen und der Befragung in Form von Interviews, Fragebögen und Einschätzskalen.

 

Auffälligkeiten und Besonderheiten, die auf Autismus deuten, zeigen sich insbesondere in

Neben den Kernsymptomen berichten viele autistische Menschen über Besonderheiten in der Wahrnehmung/Körperwahrnehmung und gegenüber Sinnesreizen.

 

Der Ausprägungsgrad der autistischen Symptomatik kann sich im Laufe der Entwicklung verändern. Er ist abhängig von der intellektuellen Begabung, dem sprachlichen Entwicklungsniveau, den Persönlichkeitsvariablen und der Präsenz begleitender Symptome oder Erkrankungen.

 

Darüber hinaus kommt dem sozialen Umfeld (Barrieren oder fördernde Faktoren), in dem autistische Menschen leben, eine besondere Bedeutung zu. 

 

Das Charakteristikum des Autismus bleibt jedoch als tiefgreifende Symptomatik erhalten. 

Die bisherige diagnostische Unterterscheidung (frühkindlicher Autismus, atypischer Autismus, Asperger-Syndrom) wird in Zukunft aufgegeben und zu einer Autismus-Spektrum-Störung (von der sehr leichten bis schweren Verlaufsform) zusammengefasst. Eine eindeutige Abgrenzung der klinischen Erscheinungsbilder hat sich in der Praxis als schwierig erwiesen. 

 

Erste Anhaltspunkte für den frühkindlichen Autismus können sich sehr früh in der Entwicklung zeigen.

 

Die Kinder sind bereits in den ersten drei Lebensjahren deutlich auffällig und weisen oft zusätzliche intellektuelle Beeinträchtigungen und nicht selten Begleiterkrankungen (z.B. Epilepsie) auf. 

 

Eine verzögerte Sprachentwicklung oder das Ausbleiben gesprochener Sprache trotz intakter Sprechorgane ist hier oft richtungsweisend. Darüber hinaus haben frühkindliche Autisten große Probleme beim Kontakt mit ihrer Umwelt und deutliche Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Sinnesreizen.

 

Frühkindlicher Autismus kann sich in einem niedrigen, aber auch in einem durchschnittlichen bis hohen Funktionsniveau äußern.

 

Das Asperger-Syndrom unterscheidet sich vom Frühkindlichen Autismus darin, dass die intellektuellen Beeinträchtigungen nicht vorhanden sind.

 

Typisch ist die frühe Sprachentwicklung, häufig auf hohem Niveau (kleine Erwachsene).

 

Schwierigkeiten bestehen jedoch in den sozialen Aspekten der Kommunikation.

 

Das Asperger-Syndrom ist häufig mit Koordinationsproblemen und/oder motorischen Ungeschicklichkeiten verbunden.

 

Aufgrund der normalen Intelligenz und oft guter Kompensationsstrategien wird das Asperger-Syndrom in vielen Fällen erst sehr spät, im Schul- oder gar im Erwachsenenalter diagnostiziert – teilweise auch nur durch Probleme, die in Lebenskrisen sichtbar wurden.

 

Beim atypischen Autismus sind nicht alle Kriterien für eine Autismus-Diagnose erfüllt.

 

So zeigt ein Kind beispielsweise erst nach seinem dritten Lebensjahr autistische Verhaltensweisen. In einigen Fällen sind nicht in allen Kernbereichen (Interaktion, Kommunikation, stereotype Verhaltensmuster) Auffälligkeiten nachweisbar.